Am 1. Oktober sprach Peter Biesenbach, Minister der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen, zu dem Thema „Mehr als „Alexa“: Künstliche Intelligenz im Dienst von Justiz und Strafverfolgung“. Im Essener Museum Folkwang diskutierte er gemeinsam mit Carla Hustedt, Projektleiterin „Ethik der Algorithmen“ bei der Bertelsmann Stiftung, und Thomas Langkabel, National Technology Officer bei Microsoft Deutschland. Durch den Abend führte Andreas Tyrock, Chefredakteur der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung.
Bilder BAPP / Günther Ortmann
Der NRW-Justizminister leitete seine Rede mit dem Hinweis auf die Vor- und Nachteile des digitalen Wandels ein: Dieser stelle zwar einerseits eine Chance für ein modernes Zusammenleben dar, öffne jedoch gleichzeitig Cybercrime Tür und Tore. Aber, so der Minister: „Wenn Straftäter die Schattenseiten der Digitalisierung nutzen, dann müssen Strafverfolger auch auf die Chancen zurückgreifen.“ Vor diesem Hintergrund sei es notwendig, auf dem Feld der Strafverfolgung den technischen und juristischen Sachverstand zu bündeln. Am Beispiel der Bekämpfung von Kinderpornografie verdeutlichte er, wie Künstliche Intelligenz sinnvoll genutzt werden kann: Die auszuwertende Datenmenge sei viel zu groß, um von einem Menschen umgehend verarbeitet werden zu können. Aus diesem Grund sei die Assistenz von KI notwendig, da sie eine Vorauswahl der Daten trifft und somit die Verfolgung der Straftaten maßgeblich beschleunigen kann. KI und Algorithmen können somit eine große Chance darstellen. Dennoch unterstrich der Justizminister, dass diese Systeme auch einige Gefahren mit sich bringen, gerade in Bezug auf Datenschutz. In diesem Kontext verwies er etwa auf das Social-Credits-System in China, welches längst an orwellsche Vorstellungen heranreiche. Dass man bei dem Thema Datenschutzeingriffe den Blick jedoch gar nicht so weit in die Ferne richten muss, zeigte er anhand eines kleinen Beispiels, in das er das Publikum miteinbezog. Er dirigierte das Publikum durch die Systemeinstellungen ihrer Smartphones, wo sich ihnen nach vielzähligen Klicks ein Ortungsprotokoll der letzten Wochen offenbarte. Seinen Standpunkt hatte er somit mit Nachdruck verdeutlicht: Das Thema betrifft jedermann.
In der anschließenden Diskussionsrunde wies Carla Hustedt darauf hin, dass in Bezug auf die Funktion von Algorithmen bei dem Großteil der Bevölkerung ein großes Unwissen und Unbehagen vorherrsche, letzteres vor allem befördert von dem Bild, das Science-Fiction-Filme vermitteln. Auch Thomas Langkabel forderte eine „Entmystifizierung“ von KI, angefangen damit, dass bereits der Name irreführe: viel passender seien etwa die Bezeichnungen „lernende Systeme“ oder. „kognitive Systeme“. Dass der Begriff „Künstliche Intelligenz“ fälschlicherweise suggeriere, dass ein System ein menschliches Bewusstsein entwickeln könne, kritisierte auch Carla Hustedt.
Im weiteren Verlauf der Diskussionsrunde wurde von den Diskutanten eine höhere Transparenz gefordert, die offenlegt, wann ein System arbeitet und wann ein Mensch. Auch darüber, dass man bei der Nutzung algorithmischer Systeme niemals den Blick für ethisches Handeln verlieren dürfe, herrschte auf dem Podium Einigkeit. Darüber hinaus wurde die Rede von Minister Biesenbach nochmals aufgegriffen: Der Lösungsansatz, bei der Strafverfolgung auf „KI“ zu setzen, wurde von beiden Diskutanten als positiv aufgefasst. „Wir dürfen uns nicht von dem digitalen Wandel überfordert fühlen, sondern wir müssen in ihm selbst die Lösungen finden.“, kommentierte Carla Hustedt.
Der Justizminister beendete die Veranstaltung mit einem Appell an das Publikum: Weil die Justiz vor allem Massendelikte verfolge, forderte er zum Schluss alle Anwesenden auf, ihr digitales Nutzungsverhalten stets kritisch zu hinterfragen.