Öffentliche Vorlesungsreihe: „Infrastructure, Capitalism, and Dependency in the Digital Age“

Hier finden Sie Eindrücke der englischsprachigen Vorlesungsreihe im Sommersemester 2025 an der Universität Bonn

In der heutigen sich wandelnden digitalen Landschaft kann die Bedeutung von Rechenzentren und Cloud-Infrastrukturen nicht hoch genug eingeschätzt werden – sie prägen die Wirtschaft und den technologischen Fortschritt von Nationen im Wettlauf um die Vorherrschaft in der Künstlichen Intelligenz. Führende digitale Plattformen wie Facebook und Google haben soziale Dynamiken verändert, wirtschaftliche Strukturen neu geformt und den Begriff des Datenbesitzes neu definiert, wodurch sie intensive Debatten innerhalb des kapitalistischen Systems ausgelöst haben. Während der Kapitalismus einen tiefgreifenden Wandel durchläuft, widmet sich die Vorlesungsreihe „Infrastructure, Capitalism, and Dependency in the Digital Age“ an der Universität Bonn der Frage, wie digitale Technologien Machtverhältnisse, Produktionsverhältnisse und gesellschaftliche Ungleichheiten beeinflussen.

Mit einer sorgfältig zusammengestellten Reihe von neun öffentlichen Vorträgen bietet diese Veranstaltungsreihe eine einzigartige Gelegenheit, die sozioökonomischen Folgen des digitalen Kapitalismus, die sich verändernde Natur von Macht in der Marktwirtschaft und die wachsenden Abhängigkeiten zwischen Ländern mit unterschiedlichen Entwicklungsprofilen zu analysieren. Renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden neueste Forschungserkenntnisse präsentieren und einen anregenden Dialog zwischen Studierenden, Forschenden und der deutschen Öffentlichkeit über das komplexe Zusammenspiel von Infrastruktur, Kapitalismus und Abhängigkeit im digitalen Zeitalter fördern.

Die Ringvorlesung findet in Kooperation mit dem Center for Advanced Security, Strategic and Integration Studies (CASSIS) statt. Weitere Informationen finden Sie auf der Veranstaltungswebseite. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Die Vorlesungsreihe findet im Sommersemester 2025 von April bis Juli statt.
Format: Im Anschluss an jeden Vortrag findet eine Fragenrunde statt.
Zeit: 18:15 – 19:45 Uhr (Montag)
Veranstaltungsort: Hörsaal XIII, Hauptgebäude der Universität Bonn
Sprache: Englisch

Hier können Sie die zugehörige Broschüre mit einer Übersicht der Vorlesungstermine herunterladen.


Vergangene Termine

Dr. Nötzold eröffnete mit ihrem Vortrag die Vorlesungsreihe.

Die Auftaktveranstaltung am 7. April 2025 begann mit einer kurzen Einführung von Prof. Dr. Volker Kronenberg (Direktor des CASSIS und Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der Bonner Akademie) zum Ansatz der Vorlesungsreihe physische und soziale Infrastruktur an den Anfang der Analyse von globalen Transformationen zu setzen. In einer anschließenden Begrüßung von Yen-Chi Lu M.A. (Research Fellow CASSIS, Universität Bonn) der die Vorlesungsreihe mit organisiert, wurde die erste Referentin vorgestellt. In ihrem Vortrag mit dem Titel “Space Infrastructure and Technological Autonomy for Europe” führte PD Dr. Antje Nötzold (TU Chemnitz) in die Bedeutung des Weltraums ein und beleuchtete die Konflikte um und die Abhängigkeiten von weltraumgestützter Infrastruktur, die selbst das alltägliche Leben durchdringen aber selten wahrgenommen werden. Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen, militärischen und strategischen Bedeutung des Weltraums wurden die bestehenden Fähigkeiten und Lücken Europas identifiziert und die Möglichkeiten einer technologischen Autonomie Europas im Weltraum bewertet. Angesichts des wachsenden Sicherheitsbewusstseins in Bezug auf die Verwundbarkeit weltraumgestützter Infrastrukturen seien weitergehende strategische Maßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene erwartbar und empfehlenswert.

Zum Ende der Vorlesung nahm Prof. Mayer Fragen an Prof. Timmers entgegen.

Am 14. April 2025 widmete sich Prof. Dr. Paul Timmers (Research Fellow an der Universität Oxford und Professor an der KU Leuven) in seiner Vorlesung dem Nexus zwischen Geopolitik und Technologien. Die Begrüßung übernahm diesmal Prof. Dr. Maximilian Mayer (Junior-Professor für Internationale Beziehungen und globale Technologiepolitik, CASSIS). Die Vorlesung trug den Titel „European Strategic Autonomy: Navigating Geopolitical and Technological Disruption“. Parallel zu den zunehmenden geopolitischen Rivalitäten zwischen führenden Nationen wie den USA, Russland und China und deren autoritären Tendenzen konstatierte Prof. Timmers nach anfänglichem Widerstand eine mittlerweile breite Akzeptanz der Idee einer europäischen Souveränität unter führenden Politikern in der EU, die sich auch zunehmend in Regulierungen wie dem Digital Markets Act (DMA) oder dem Critical Raw Materials Act (CRMA) niederschlage. Bei der Erlangung von Souveränität, definiert als die Fähigkeit, im Sinne der eigenen Zukunft zu entscheiden und zu handeln, gehe es nicht nur um militärische Verteidigung, sondern vor allem um strategische Autonomie. Um strategische Autonomie zu bewerten, müssten Fähigkeiten, Kapazitäten und Kontrollierbarkeit (3c’s: capabilities, capacities, control) berücksichtigt werden. Bei der strategischen Autonomie im digitalen Markt liege Europa weit hinter den USA und China zurück, daher seien Initiativen wie EuroStack besonders wichtig. Prof. Timmers Fazit lautete, dass die EU basierend auf dem Gedanken der europäischen Zusammenarbeit mit integrierter Gesetzgebung und strategischen Partnerschaften gute Chancen habe, angesichts der globalen technologischen, geopolitischen, sozialen und ökologischen Disruptionen mehr strategische Autonomie und Souveränität zu erlangen. Hierfür seien wir jedoch zum dringenden Handeln aufgefordert.

Prof. Dr. Hans-Jürgen Bieling zu Beginn seines Vortrages zum Thema „Transnational Infrastructures in Geoeconomic Competition“.

Am 12. Mai 2025 widmete sich Prof. Dr. Hans-Jürgen Bieling (Professor für Politik und Wirtschaft am Institut für Politikwissenschaft der Eberhard-Karls-Universität Tübingen) in seiner Vorlesung mit dem Titel „Transnational Infrastructures in Geoeconomic Competition“ der Verbindung zwischen Infrastruktur und Geoökonomie. Die Begrüßung und Moderation übernahm Prof. Dr. Maximilian Mayer (Junior-Professor für Internationale Beziehungen und globale Technologiepolitik, CASSIS). Seit einiger Zeit konzentrieren sich die Diskussionen über die Globalisierung zunehmend auf Infrastrukturpolitik und Geoökonomie. Im akademischen Diskurs spiegelt sich diese Verschiebung in den Begriffen der „infrastrukturellen Wende“ und der „geoökonomischen Wende“ wider. Der Vortrag von Prof. Dr. Hans-Jürgen Bieling ging der Frage nach, ob zwischen diesen Entwicklungen systematische Zusammenhänge bestehen und wie sie konzeptualisiert und empirisch analysiert werden können. Bieling argumentierte, dass das Konzept des „infrastructure-geoeconomic nexus“ von zwei zentralen strukturellen Faktoren geprägt ist: Erstens dem Aufstieg des finanzialisierten High-Tech-Kapitalismus, der sowohl die Bereitstellung als auch die Nutzung von Infrastruktur verändert, und zweitens der globalen Machtdynamik, insbesondere der Rivalität zwischen den USA und China. Empirisch gesehen zeigt sich der verschärfte geoökonomische Wettbewerb am deutlichsten in drei wichtigen Infrastrukturbereichen: Transport und Logistik, Energieversorgung und Datenkommunikation.


Kommende Termine

19. Mai 2025
Mauritius‘ Digital Cooperation and Engagement with External Partners
Dr. Li Hangwei, IDOS, Bonn

26. Mai 2025
Financial Infrastructures with Chinese Characteristics: China’s Growing Footprint in Global Financial Markets
Dr. Johannes Petry, Goethe University Frankfurt

2. Juni 2025
“Big AI“ and Cloud Infrastructure Dependence: Investigating Platform Power in the Digital Ecosystem
Prof. Dr. Fernando Van Der Vlist, University of Amsterdam

16. Juni 2025
The Empire Strikes Back, or at Least it Tries: The EU’s Global Gateway in Africa

Dr. Tim Zajontz, University of Freiburg

23. Juni 2025
Beyond North-South: Extractivism and the China-Latin America Economic Cooperation
Dr. Luiza Ceriolo, University of Kassel

7. Juli 2025
China’s Digital Expansion and the Rise of the Periphery
M.A. Yen-Chi Lu, CASSIS, University of Bonn