Am 17. Januar 2019 war Herbert Reul, Minister des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen, zu Gast in der Bonner Akademie. Gemeinsam mit dem Kulturkorrespondenten der Frankfurter Allgemeinen Zeitung für NRW, Patrick Bahners, dem Essener Polizeipräsidenten Frank Richterund der Autorin und Professorin für praktische Philosophie an der Universität Amsterdam, Prof. Dr. Beate Rössler, diskutierte er die zentralen Herausforderungen der Wahrung Innerer Sicherheit sowie die Divergenz zwischen verschärften Gesetzen und individuellem Freiheitsempfinden. Die WDR-Journalistin Aslı Sevindim führte als Moderatorin durch den Abend.
Fotos: Volker Lannert
In seiner Begrüßung verwies Prof. Bodo Hombach, Präsident der Bonner Akademie, auf die Notwendigkeit, neue Wege der Verbrechensbekämpfung anzustoßen. So sei die klare Benennung von Problemen unumgänglich, um diese nachhaltig in den Griff zu bekommen. An dieser Stelle habe Herbert Reul einen neuen innenpolitischen Kurs in NRW angeschlagen.
Zu Beginn seiner Rede verortete Herbert Reul ein wachsendes Unsicherheitsgefühl in breiten Gesellschaftsschichten. Darin erkannte Reul einen Appell an die Kompetenz der Behörden, Innere Sicherheit zu gewährleisten. Hierbei seien schärfere Gesetze nicht immer der richtige Weg, auch die Behebung bestehender gesetzlicher Mängel sei vonnöten. Dennoch diene das neue Polizeigesetz dem Ziel, allen Bürgern Sicherheit zu garantieren und ihnen – damit einhergehend – auch ein sicheres Gefühl zu vermitteln. Den Widerstand, den das Gesetz hervorruft, könne er aufgrund zahlreicher hilfreicher Maßnahmen nicht immer nachvollziehen. So erachte er etwa die vorsorgliche Überwachung von sogenannten Gefährdern für wirksamer als Poller oder Straßenblockaden. Es sei zudem widersprüchlich, gleichzeitig mehr Sicherheit zu fordern, ohne dafür jedoch Eingriffe in die Privatsphäre in Kauf nehmen zu wollen. Dies müsse der Bevölkerung vermittelt werden, um die Gegner des Polizeigesetzes von dessen Wirksamkeit zu überzeugen. Darüber hinaus sei es unabdingbar, das Vertrauen der Bürger zurückzugewinnen.
Zu Beginn der anschließenden Podiumsrunde thematisierte die Moderatorin Aslı Sevindim in ihrer Eingangsfrage die Debatte rund um die Öffnung von Kofferräumen im Rahmen polizeilicher Untersuchungen. Prof. Beate Rössler zeigte Verständnis dafür, dass derartige Maßnahmen individuell als Eingriff in die Privatsphäre empfunden werden. Dass verschärfte Kontrollen infrage gestellt werden, sei demzufolge nachvollziehbar. Patrick Bahners betonte, dass in diesem Fall die richtige Kommunikation helfen kann, um die Bevölkerung von dem Erfolg solcher Maßnahmen zu überzeugen. Dem zustimmend verwies Prof. Rössler darauf, dass die Notwendigkeit derartiger Verfahren gegenüber der Öffentlichkeit erläutert werden müsse, da diese ansonsten eher zu der Verstärkung einer unsicheren Gefühlslage beitragen.
Der Polizeipräsident Frank Richter hingegen bezeichnete vereinzelte Vorwürfe gegen das Polizeigesetz als nicht nachvollziehbar. Er argumentierte, dass es ein notwendiges Handlungswerkzeug darstelle, um Schaden von den Bürgerinnen und Bürgern abzuhalten. Hierbei werde nicht darauf abgezielt, Polizistinnen und Polizisten unbegrenzte Befugnisse zu erteilen. Viel eher sei beabsichtigt, ihre Handlungsfelder zu erweitern, um eine effektive Arbeit gewährleisten zu können. Reul zeigte zwar Verständnis für die öffentliche Kritik, dennoch müsse am Ende einer jeden Diskussion gehandelt werden, um Ergebnisse zu erzielen und Untätigkeitsvorwürfen entgegenzuwirken. Nur so könne sich ein allgemeines gesellschaftliches Sicherheitsgefühl (weiter-)entwickeln. Dieses stelle außerdem die einzig wirksame Waffe gegen angstschürende Kräfte wie die AfD dar.
Gegen Ende der Veranstaltung verdeutlichte Reul, dass er die Diskussion über das Verhältnis von empfundener (Un-)Sicherheit sowie realen Bedrohungen und gestatteten Maßnahmen von staatlicher Seite als besonders kontrovers empfindet. Die Brisanz des Themas zeigte sich auch bei der anschließenden Öffnung der Podiumsdiskussion für Fragen aus dem Publikum, nicht zuletzt deshalb wird das kontroverse Thema die Bonner Akademie auch in ihrer zukünftigen Arbeit noch stärker beschäftigen.