Am 16. Mai 2019 waren Uli Hoeneß, Präsident des FC Bayern München, Clemens Tönnies, Aufsichtsratsvorsitzender Schalke 04, und Dr. Franz-Josef Overbeck, Bischof des Bistums Essen, zu Gast in der Bonner Akademie. Die Diskussionsveranstaltung fand im Rahmen des Bildungsprojektes „Integrationspolitik für die Mehrheitsgesellschaft – Bildungs- und Beteiligungsmöglichkeiten für junge und alte Menschen im Ruhrgebiet“ statt, das die Bonner Akademie seit Februar 2018 zusammen mit der Brost-Stiftung durchführt. Michael Bröcker, Chefredakteur der Rheinischen Post, führte durch den Abend, der den Titel „Sozialer Kitt unserer Gesellschaft? Die Rolle des Fußballs in Deutschland“ trug.
Bilder BAPP / Günter Ortmann
Die Begrüßung des Abends übernahm Prof. Bodo Hombach, Präsident der Bonner Akademie. „Alle Großgruppen der Gesellschaft, ob Kirchen, Vereine, oder Parteien, leiden an Verzerrung“, so Hombach, der daraufhin hervorhob, dass der Fußballclub jedoch nach wie vor für viele Heimat und Identifikation bedeute. Mit Blick auf die Besetzung des Podiums konstatierte er eine enge Verbindung zwischen dem Fußball und der „Spiritualität“, welche man als Anwesender in einem Stadion spüren könne.
Die anschließende Diskussionsrunde eröffnete Moderator Michael Bröcker mit der Frage, ob der Fußball zu einer Art Ersatzreligion geworden sei. Obwohl man Religion und Sport nicht gleichsetzen dürfe, sagte Bischof Franz-Josef Overbeck daraufhin, dass der Fußball heute eine Art der Vergemeinschaftung biete, wie sie früher die Kirche geleistet habe und somit Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten zusammenbringe. Im Anschluss wandte sich der Moderator an Uli Hoeneß, um über die Kommerzialisierung des Profifußballs zu sprechen. „Ohne Kommerz kann man bei den Großen nicht mitspielen“, so die Aussage des Bayern-Präsidenten. Dem stimmte Clemens Tönnies zu und ergänzte, dass mit der Professionalisierung eines Vereins die Kommerzialisierung nun einmal zwangsläufig einhergehe. Bezogen auf teure Spielerkäufe äußerte Franz-Josef Overbeck aus sozial-ethischer Perspektive kritische Töne: „Das sind Relationen, die nicht zusammenpassen, da entsteht eine Geschäftsebene, bei der der Mensch zur Ware wird.“ Auf die Frage hin, ob es eine „rote Linie“ gebe, die man nicht überschreiten dürfe, sagte Hoeneß, dass es wichtig sei, dass die Bundesliga ihren aktuellen Status beibehalten müsse und nicht von internationalen Wettkämpfen zurückgedrängt werden dürfe. Tönnies verwies auf ausschreitende Fußballfans, gegen die man sich positionieren müsse: „Rivalität ist top, aber gegen Gewalt müssen wir alle konsequent eintreten. Dafür steht unser Leitbild.“ Auch im weiteren Verlauf des Abends wurden teils (selbst-)kritische Töne angeschlagen. Auf dem Podium wurden ebenso Korruptionsvorwürfe gegenüber der FIFA diskutiert wie auch die überhöhte Öffentlichkeitswirkung der Spieler, auf die ein zu hoher medialer Druck ausgeübt werde.
Auf die Frage aus dem Publikum, ob sich der Fußball seines gesellschaftlichen Einflusses überhaupt bewusst sei, verwies Hoeneß auf das bereits hohe soziale Engagement seines Vereines, sah aber dennoch Potential nach oben: „Wir müssen bei den Möglichkeiten, die wir haben, mehr tun.“ Tönnies bezog die Frage explizit auf das Ruhrgebiet. Die „Ruhrpott“-Vergangenheit sei mit Blick auf den Aufbau nach dem Krieg und den durch den Strukturwandel bedingten Niedergang einzigartig in seiner Geschichte. Er sehe deshalb eine große gesellschaftliche Verpflichtung vor Ort, die der Verein sehr ernst nehme. Dem stimmte auch Ruhrbischof Overbeck zu, der eine gemeinsame Aufgabe von Fußball und Kirche erkannte.
Einige Pressestimmen zur Veranstaltung:
Bonner General-Anzeiger
http://www.general-anzeiger-bonn.de/sport/regio-sport/Hoeneß-diskutiert-in-Bonn-über-Rolle-des-Fußballs-article4108511.html