Diskussionsveranstaltung „Deutschland in guter Verfassung?! Normative Fundamente bürgerschaftlicher Akzeptanz“

Am 23. Januar 2018 diskutierten unsere Gäste über die Verfassung Deutschlands und deren normative Fundamente bürgerschaftlicher Akzeptanz.

von Redaktion / in Bürger, Demokratie & Politik, Podiumsdiskussionen /
Prof. Dr. Dres. h.c. Hans-Jürgen Papier, Präsident des Bundesverfassungsgerichts a.D.
Prof. Dr. Ursula Münch, Direktorin der Akademie für Politische Bildung Tutzing
Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Rüttgers, Bundesminister a.D. und Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen a.D.

Am 23. Januar 2018 diskutierten zur Frage „Deutschland in guter Verfassung?!“ die Gäste Prof. Dr. Dres. h.c. Hans-Jürgen Papier, Präsident des Bundesverfassungsgerichts a.D., Prof. Dr. Ursula Münch, Direktorin der Akademie für Politische Bildung Tutzing, und Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Rüttgers, Bundesminister a.D. und Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen a.D., unter der Moderation von Michael Krons (Phoenix) über normative Fundamente bürgerschaftlicher Akzeptanz.

Prof. Dr. Volker Kronenberg begrüßte die Teilnehmenden und verwies auf die Einbettung der Diskussionsveranstaltung in das Forschungsprojekt „Bürger, Demokratie & Politik – Die repräsentative Demokratie in der Akzeptanzkrise?“. Die Frage nach einer repräsentativ-demokratischen Akzeptanzkrise berühre ganz wesentlich das Verhältnis von Politik und Recht, von Staat und Recht, aber eben auch fundamental jenes von Recht und Gemeinwohl. Jedes – zumal demokratische – Gemeinwesen sei auf Einstellungen und Handeln im Sinne des Gemeinwohles angewiesen. Es werde also in der Veranstaltung ein ebenso fundamentales wie fragiles: Verhältnis von Politik, Recht und Gemeinwohl thematisiert, wobei diese Trias keineswegs sauber getrennt werden könne, sondern sich wechselseitig beeinflusse.

Prof. Dr. Dres. h.c. Hans-Jürgen Papier verwies darauf, die verfassungsmäßige Grundordnung in Deutschland zu jeder Zeit sowohl im Bund als auch in den Ländern den Prinzipien des demokratischen Rechtsstaats entsprechen müsse. Vor dem Hintergrund, dass die Weimarer Republik den Aufstieg der Nationalsozialisten nicht habe verhindern können, konstatierte er, dass die Demokratie zwar eine notwendige, nicht aber eine hinreichende Bedingung für Rechtsstaatlichkeit sei. Erst das Gewaltmonopol des Staates und die Nutzung des Rechtes in seiner Doppelfunktion für Sicherheit und Freiheit garantierten einen funktionierenden Rechtsstaat. Einen zentralen Aspekt für die Akzeptanz der Demokratie machte Papier in der grundsätzlichen Verknüpfung von Rechtsstaatlichkeit und Rechtsschutz aus. Aus der Politik käme als Antwort auf diese und andere Problemlagen häufig der Ruf nach neuen, oftmals zu detaillierten Regelungen. Zuviel Regulierung sei aber oftmals wenig praktikabel und könne lähmen oder entmutigen.

Es folgten zwei Impulse. Prof. Dr. Ursula Münch bemängelte eine sich vergrößernde Kluft zwischen der verfassungsmäßigen Ordnung und ihrer öffentlichen Wahrnehmung. Insgesamt sehe sie eine gewisse Entpolitisierung der Diskurse, die moralisch überhöht geführt und zu einem bloßen „Meinen“ statt Argumentieren verkürzt würden. 

Prof. Dr. Dr. h.c. Jürgen Rüttgers unternahm eine thesenartige Verteidigung des Zustandes der Demokratie: Deutschland habe keine Krise der Demokratie, sondern es sei den Deutschen noch nie so gut gegangen wie heute. Politik müsse nach Adenauer „gelebt werden“, aber das Bonmot Brandts von „Mehr Demokratie“ sei nicht weit genug gekommen. Eine wesentliche Problematik sei, dass staatliche Organe nicht mehr als Brücke zwischen Bürgern und Institutionen funktionierten. Die Antwort sei, dass die Menschen wieder mehr gehört werden müssten.

Im Zentrum der anschließenden Aussprache und lebhaften Diskussion stand die Frage nach Ursachen des Vertrauensverlustes in die Politik. Die Diskutanten führten aus, neben den Einbußen an Rechtsstaatlichkeit sei es vor allem die Komplexität von Themen und Entscheidungsstrukturen, die auch die Politik vor Probleme stelle. Überdies diskutiere die Politik zu viel in der Öffentlichkeit, ohne wirkliche Entscheidungen zu treffen. Politik müsse statt der vielmehr Entscheidungszusammenhänge transparenter gestalten. 
 

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