Workshop: „4. Lokalforum – Politische Bildung als Feuerwehr? Über die Bedeutung der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung“

4. Lokalforum Ruhrgebiet zum Thema „Politische Bildung als Feuerwehr? Über die Bedeutung der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung“ am 29.04.2021

Am 29. April 2021 fand das 4. Lokalforum Ruhrgebiet zum Thema „Politische Bildung als Feuerwehr? Über die Bedeutung der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung“ im Rahmen des dreijährigen Projekts „Integrationspolitik für die Mehrheitsgesellschaft – Bildungs- und Beteiligungsmöglichkeiten für junge und alte Menschen“ statt. Das bewährte Workshop-Format brachte auch diesmal Praktiker, Experten und Multiplikatoren aus dem Ruhrgebiet zusammen, um über die Fähigkeit und Wirksamkeit politischer Bildung im Rahmen von Extremismus-Prävention, das Pro und Kontra der Digitalisierung und die schwierige finanzielle Situation der Branche zu diskutieren.

 

Die Einleitung übernahm wieder Prof. Volker Kronenberg.
Im Impulsvortrag ging Niklaas Hofmann (1. Kachel oben rechts) vom DGB-Bildungswerk Bund auf die politische Bildung aus gewerkschaftlicher Perspektive ein.
Auf den anregenden Impulsvortrag folgte eine rege Diskussion.
Auch Herr Hofmann diskutierte engagiert mit und beantwortete Fragen und Kommentare zu seinem Vortrag.
Die Zusammenfassung der tiefgehenden Diskussion und damit die Abschlussbetrachtung übernahm Dr. Manuel Becker vom politikwissenschaftlichen Institut der Universität Bonn.

Im Rahmen seiner Begrüßung umriss Prof. Dr. Volker Kronenberg, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der Bonner Akademie und Projektleiter, die aktuelle Rolle der politischen Bildung in der Gesellschaft. Die politische Bildung habe mit dem Einzug rechtspopulistischer Akteure in das Parteiensystem und der allgemeinen Polarisierung eine Renaissance erlebt; der Erhalt des politischen Gemeinwesens und das Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung sei kein Selbstläufer. Als Reaktion habe es eine deutliche Steigerung der Ausgaben für einige politische Projekte wie die Bundeszentrale für politische Bildung gegeben. Es sei jedoch zu klären, inwieweit politische Bildung als ad hoc-Maßnahme oder Feuerlöscher gesehen werden kann und wie die sehr unterschiedlichen Bereiche der politischen Bildung langfristig und strukturell gestärkt werden müssen, um dieser Aufgabe weiterhin nachkommen zu können.

Niklaas Hofmann vom DGB-Bildungswerk Bund beleuchtete in seinem Impulsvortrag im Anschluss die politische Bildung und den Bildungsbegriff aus der gewerkschaftlichen Perspektive. Grundlage sei unter anderem ein positives Menschenbild und das Ziel, Menschen zur aktiven Teilhabe zu befähigen. Neben der notwendigen Stärkung des gesellschaftlichen Interesses an politischer Bildung benannte er auch die fehlende Diversität der Teilnehmerinnen und Teilnehmer – vor allem in Bezug auf Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen oder mit Migrationshintergrund – als aktuelle Herausforderung für die politische Bildung und ihre Akteure. Auch für die Verdichtung von Arbeit durch die Digitalisierung, die fehlende Zeit für Ehrenämter oder Bildungsurlaub sowie für die Frage nach sicherer Finanzierung vor allem für Freiberufliche brauche es Lösungen und Antworten.

In der darauffolgenden Diskussion wurde ausgehend von der Feuerwehrmetapher zunächst die Fähigkeit politischer Bildung diskutiert, extremistische Strömungen in der Gesellschaft zu unterbinden. Von Beginn an waren sich die Teilnehmer einig, dass politische Bildung lebenslanges Lernen bedeute und kurzfristige Maßnahmen und Aktionen nicht ausreichen. In ihrer Funktion, Menschen zur kritischen Teilhabe an Gesellschaft und Politik zu befähigen, könne politische Bildung vor allem auf lange Sicht gegen demokratieskeptische oder gefährdende Bewegungen in der Gesellschaft steuern, die sich beispielsweise an Indikatoren wie den Wahlergebnissen der AFD oder dem zunehmenden Extremismus erkennen lassen. Dr. Guido Hitze, Leiter der Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen, warnte jedoch in diesem Zusammenhang unter viel Zustimmung, dass der Grundkonsens, was Demokratie ist, nicht mehr einheitlich sei. Der Weg zu einem einheitlichen Verständnis führe wesentlich über die Verwendung von einer für alle verständlichen Sprache.

Mit der Aussage „Wir müssen aufpassen das uns nicht das Wasser zum Löschen ausgeht“ verwies Dr. Klaus-Peter Hufer auf die prekäre finanzielle Lage der Freiberufler, die sich durch Corona noch verstärkt hat, sowie auf die ungleichmäßige und schlechte Finanzierung im Allgemeinen. Für ebenfalls problematisch befanden die Diskutanten, das Fehlen einer konkreten Ausbildung für politische Bildnerinnen und Bildner. Auch der Abbau von Politikunterricht an den Schulen und die Durchführung durch meist fachfremdes Personal wurde als ein weiteres Problem angesprochen. Positive Entwicklungen wurden vor allem im Bereich der Digitalisierung angeführt: Bei Online-Formaten sei es nun oftmals leichter, hochkarätige Referentinnen und Referenten zu akquirieren. Auch die vielfältigen Möglichkeiten der Vernetzung und Teilhabe wurden als positive Effekte genannt. Allerdings wurde einstimmig die Wichtigkeit von Medienkompetenzschulungen betont und nochmal auf die Veränderungen der Debattenkultur vor allem im virtuellen Raum verwiesen.

Abschließend fasste Moderator Dr. Manuel Becker das Lokalforum mit einem von Prof. Dr. Thomas Goll zu Anfang getätigten Statement zusammen, dass es gelungen sei, „statt vermeintlich fertiger Rezepte und Antworten zu liefern, die richtigen Fragen zu stellen“ und darüber zu diskutieren. Vor allem die Themen Vernetzung und Vielfalt der Akteure der politischen Bildung böten Potenzial für weitere Veranstaltungen.

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