Workshop „Integrationspolitik für die Mehrheitsgesellschaft – Akzeptanz, Partizipation und Bildung“

Expertenworkshop „Akzeptanz, Partizipation und Bildung“ im Rahmen des Integrationsprojekts am 07. Dezember 2018

Workshop "Integrationspolitik für die Mehrheitsgesellschaft - Akzeptanz, Partizipation und Bildung" am 7. Dezember 2018

Am 7. Dezember 2018 begrüßte Prof. Dr. Jörg Blasius vom Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, in Vertretung für Projektleiter Prof. Dr. Volker Kronenberg, rund 30 Gäste zu einem Expertenworkshop im Rahmen des Forschungsprojektes „Integrationspolitik für die Mehrheitsgesellschaft – Bildungs- und Beteiligungsmöglichkeiten für junge und alte Menschen im Ruhrgebiet“, das die BAPP im Auftrag der Brost-Stiftung durchführt.

Prof. Dr. Jörg Blasius, Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Universität Bonn.
Prof. Dr. Hans-Georg Soeffner, Vorstandsmitglied am Kulturwissenschaftliches Institut Essen.
Tim Achtermeyer, Ratsherr der Stadt Bonn Bündnis90 / Die Grünen.
Anne Knauf, Leiterin der Abteilung Hochschulen und Wissenschaft des DGB Nordrhein-Westfalen.
Bedia Torun von der Arbeiterwohlfahrt Gelsenkirchen.

Prof. Blasius verwies in seinen einführenden Worten darauf, dass entlang der Indikatoren für Integration nicht nur in der migrantischen, sondern auch in der „herkunftsdeutschen“ Bevölkerung viele Menschen nicht gut „integriert“ seien. Der Erfolg des parteiförmigen Rechtspopulismus sei ein Symptom dessen – und entsprechend bestehe ausreichend Bedarf, über eine „Integrationspolitik für die Mehrheitsgesellschaft“ nachzudenken.

Prof. Dr. Hans-Georg Soeffner, Kulturwissenschaftliches Institut Essen (KWI), nahm in seinem Impulsvortrag eine Problematisierung der Begriffspaare „Integration“ und „Mehrheitsgesellschaft“ aus kultursoziologischer Perspektive vor. Eine „Mehrheitsgesellschaft“ oder eine gesellschaftliche „Mitte“, die einen homogenen Norm- und Wertbestand vertrete, sei schon seit dem 19. Jahrhundert einer pluralistischen Gesellschaftsform gewichen. Es gehe darum, soziale Integration in ihren pluralistischen Gesellschaften zu organisieren, indem man das Individuum etwa durch politische Bildung für die bundesdeutschen Verfassungsprinzipien der Freiheitlichkeit, der Demokratie, der Rechtstaatlichkeit und der Sozialstaatlichkeit „zurück“ gewinne.

Tim Achtermeyer, Ratsherr der Stadt Bonn und ehemaliger Landessprecher der Grünen Jugend Nordrhein-Westfalen, betonte in seinem Impulsvortrag wiederum einen anderen Lösungsansatz: Statt in der politischen Bildung sehe er im Sozialstaat die zentrale Stellschraube gegen gesellschaftliche Spaltungslinien, deren Ausprägungen er links wie rechts im parteipolitischen Spektrum beobachte – aber auf beiden Seiten mit der gleichen Abschottung gegenüber dem Globalisierungs- und Modernisierungsdruck der Gegenwart.

Anne Knauf, Leiterin der Abteilung Hochschulen und Wissenschaft des DGB Nordrhein-Westfalen, knüpfte in ihrem Impulsvortrag aus gewerkschaftliche Perspektive an die Funktion sozialer Teilhabe für gesellschaftliche Integration an. Das Ruhrgebiet sei diesbezüglich ein „Brennglas“ für Probleme, die es vielfach in der Republik gäbe, zum Beispiel Langzeitarbeitslosigkeit. Im aktuellen Grundsicherungssystem sehe sie auch eine Ursache für die eingangs identifizierte soziale Desintegration: „Als ‚Hartz IV‘ diskutiert wurde, konnte man sich nicht vorstellen, was die damals bereits befürchtete Entsolidarisierung der Gesellschaft bedeuten würde. Heute sehen wir es.“ Daher brauche es neue Modelle und vor allem gute, tarifliche Arbeit. Denn wohlgleich der individuelle Wert der Arbeit zwar über reinen Lohnerwerb hinausgehe, schütze guteArbeit vor einem individuellen Kontrollverlust, vor einem Gefühl der Unsicherheit und des „Ausgeliefertseins“ gegenüber aktuellen Globalisierungs- und Modernisierungsprozesse. Die Begegnung am Arbeitsplatz könnte darüber hinaus auch einen Beitrag dazu leisten, der Entfremdung gesellschaftlicher Gruppen entgegenzuwirken und „Filterblasen“ zu durchbrechen.

Die Notwendigkeit solcher „sozialen Plattformen“ für die gesellschaftliche Integration kristallisierte sich im Referat von Bedia Torun von der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Gelsenkirchen und in der von Projektmitarbeiter Marco Jelic geleiteten Diskussion und Aussprache heraus. Frau Torun stellte in ihrem Vortrag verschiedene Quartiersprojekte der AWO im Ruhrgebiet vor, die allen soziokulturellen Milieus – migrantisch, deutsch, jung und alt – eine organisierte Form des „Miteinanders“ böten. Prof. Dr. Frank Decker, Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Universität Bonn, hob in seinem Schlusswortzum Workshop diesbezüglich die kommunale Ebene hervor, die aus politikwissenschaftlicher Perspektive ein oft stiefmütterlich behandeltes, für die soziale Integration von Gesellschaften jedoch besonders interessantes Beschäftigungsfeld sei. Hier Lösungen zu finden, für die soziale Frage wie auch für die Akzeptanz von Migration, helfe auch, dem parteipolitischen Rechtsruck entgegenzuwirken und den Zusammenhalt zu stärken.

Verwandte Themen

Workshop: „Zusammenhalt in Vielfalt – Austausch zwischen Praktiker*innen und Politik“

Hier finden Sie Eindrücke des Workshops mit Tim Achtermeyer MdL in Essen

Workshop „Ich bin Lokalpatriot!? – Über ein Engagement in der Lokalpolitik und Bürgerbeteiligung“

Workshop im Rahmen des Forschungsprojekts „Institutionen stärken Zusammenhalt“

Lokalforum Ruhrgebiet: „Zur Bedeutung von Institutionen und deren Herausforderungen in der heutigen Zeit“

Digitales Lokalforum Ruhrgebiet zum Thema „Gesellschaftlicher Zusammenhalt auf dem Prüfstand?“ am 18. November 2022.

Workshop: „5. Lokalforum – Notwendige Vernetzung auch in der politischen Bildung?“

5. Lokalforum Ruhrgebiet zum Thema „Notwendige Vernetzung auch in der politischen Bildung?“ am 28.10.2021 online per Zoom.

Workshop: „4. Lokalforum – Politische Bildung als Feuerwehr? Über die Bedeutung der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung“

4. Lokalforum Ruhrgebiet zum Thema „Politische Bildung als Feuerwehr? Über die Bedeutung der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung“ am 29.04.2021

Workshop: „2. Lokalforum Ruhrgebiet – Die Bedeutung der Quartiersarbeit für die Integration der Mehrheitsgesellschaft“

2. Lokalforum Ruhrgebiet zum Thema „Die Bedeutung der Quartiersarbeit für die Integration der Mehrheitsgesellschaft“

Workshop „Identität und sozialer Zusammenhalt – Zur gesellschaftlichen Bedeutung des Fußballs im Ruhrgebiet“

Am 4. Juli 2019 veranstaltete die Bonner Akademie im Fußballmuseum Dortmund einen Workshop zur gesellschaftlichen Bedeutung des Fußballs im Ruhrgebiet.

Workshop: „Zwischen Strukturwandel und gesellschaftlicher Transformation – Bestandsaufnahme im Ruhrgebiet“

Auftaktworkshop Lokalforum Ruhrgebiet am 29. März 2019

Abschlussveranstaltung „Rechtspopulismus in Westeuropa: Schwesterparteien oder entfernte Cousins?“

Vorstellung und Diskussion der Ergebnisse im Forschungsprojekt „Protektionismus und Rechtspopulismus im europäischen Vergleich“ am 10. Januar 2019.

Workshop „Integrationspolitik für die Mehrheitsgesellschaft – Akzeptanz, Partizipation und Bildung“

Expertenworkshop „Akzeptanz, Partizipation und Bildung“ im Rahmen des Integrationsprojekts am 07. Dezember 2018

Abschlussveranstaltung „Rechtspopulismus und Unternehmerpopulismus als strategische Basis für den politischen Machterfolg von Donald Trump als US-Präsident“

Abschlussveranstaltung des Forschungsprojektes „Wirtschaftliche und politische Strategien im Crash?“ am 13. November 2018.

Workshop „Die Vermessung des Rechtspopulismus in Westeuropa“

Zwischenworkshop des Forschungsprojekts „Protektionismus und Rechtspopulismus im europäischen Vergleich“ am 14. September 2018

Auftaktworkshop „Der politische Aufstieg von Unternehmermilliardären aus der Perspektive wirtschaftlicher und politischer Strategie“

Auftaktveranstaltung zum Forschungsprojekt „Wirtschaftliche und politische Strategien im Crash“ am 15. Mai 2018.